Gemeinsam sind wir stark

Gemeinsam… 

Von früh morgens bis spät nachmittags arbeiten wir Tag ein, Tag aus, bei Temperaturen von weit über 40° C im Schatten, mit der Dorfgemeinschaft Hand in Hand.

So können wir innerhalb von zwei Wochen die Arbeit verrichten, für die wir sonst mindestens einen Monat benötigt hätten.

Gegessen wird unter zwei großen Mangobäumen direkt an der Baustelle.



Dort kochen mehrere Frauen auf offenem Holzfeuer das Essen in großen Blechtöpfen für die etwa dreißig emsigen Helfer. Morgens gibt es Tee – Chai mit Süßkartoffeln und Mittags lokale Speisen wie Mais- oder Maniokbrei – Ugali mit Bohnen. Die Gerichte sind ausnahmslos fleischlos, da Fleisch und Fisch sehr teuer sind, aber dennoch sehr nahrhaft.

Wir, die fremdartigen, sonderbaren und verrückten Weisen „Mzungus“ werden hingegen in einem, extra für uns erbauten Haus verköstigt. Man hat eigens für uns zwei junge Köchinnen, Emiliana und Chuku, angestellt.



Sie können nicht nur gut kochen, sondern sind auch sehr lebensfroh und bereichern dadurch unser leben in Ndingine sehr. Früh morgens, lange bevor die Sonne aufgeht, beginnen die beiden ihre tägliche Arbeit. Sie putzen das Haus, sammeln Brennholz, holen mehrere Eimer Wasser vom 500 Meter entfernten See und kochen uns dreimal täglich warmes Essen.



Um den Wasserverbrauch und die Arbeit unserer fleißigen Helferinnen zu reduzieren, beschließen wir es den Einheimischen – trotz Krokodilalarm  – gleichzutun und gehen morgens und abends zum baden und Wäsche waschen runter an den Njassasee. Uns wurde zuvor mehrfach versichert, dass es in Ndingine keine Krokodile gibt und wenn doch, dann sicherlich keine die „Mzungus“ verspeisen. Ersteres stellt sich schon nach kurzer Zeit als falsch heraus. Letzteres trieft dafür zu, denn wir leben noch! Jeden Morgen mache ich Yoga und schwimme im See, so habe ich einen wunderbaren Tageseinstieg und Ausgleich zur geistigen und körperlichen Anstrengung die da über den Tag kommen mag. Niklas sagt uns einmal: „er könne sich kein schöneres Badezimmer vorstellen als den Njassasee, ein unbezahlbarer Luxus“. In diesem Punkt sind wir, trotz Krokodile im See, einer Meinung. Meistens schaffen wir die üppigen und köstlichen Mahlzeiten, die die jungen Frauen für uns kochen, gar nicht aufzuessen. So müssen wir sie Tag für Tag mit einem Augenzwingern – schließlich haben beide ja auch noch hungrige Mäuler zu Hause zu stopfen – daran erinnern weniger zu kochen. Nach und nach passen wir die Gerichte an unsere Bedürfnisse an. Nur noch einmal die Woche gibt es Fleisch und Fisch.



Stattdessen essen wir regelmäßig Tomatensalat, Süßkartoffeln, Ugali, Bohnen, Obst und selbstgebackenes Brot und wir leben wie gesagt sehr angenehm. Jeder in der Gemeinde ist sehr an unserem Wohlergehen interessiert. Fast täglich bringen Gemeindemitglieder Lebensmittel vorbei, was mir schon manchmal sehr unangenehm ist, aber ich weiß es natürlich auch sehr zu schätzen. Sie schätzen unsere Unterstützung bei der Realisierung ihres Vorhabens sehr und so dürfen wir aus Dankbarkeit an ihrem Leben teilnehmen!



Nach dem Mittagessen geht es wieder auf die Baustelle, meist mit kugelrunden Bauch. Wir graben und schaufeln was das Zeug hält. Die Erde fliegt nur so durch die Luft. Das gleichmäßige und monotone Geräusch eindringender Hacken und Schaufeln in die Erde gibt uns ein gutes Gefühl. Es wirkt auf mich sehr beruhigend, da es mir die Gewissheit gibt, dass sich unsere Arbeit letztendlich auszahlt.



Wenn es den stetigen Wind in Ndingine nicht gebe, wäre die Arbeit in der Hitze nicht auszuhalten. Zuweilen ist es richtig stürmisch. Dann ziehen 5  bis 10 Meter hohe verwirbelnde Windhosen über das Baugrundstück und sorgen so für etwas Abkühlung. Anfangs müssen Sima, Niklas – die beiden anderen „Mzungus“ und ich sehr achtgeben, dass wir gut gegen die Sonne geschützt sind.



Vor allem gilt es  eine Kopfbedeckung zu tragen, umso einen Sonnenstich vorzubeugen. Mit vieler Hände Fleiß schafften wir es schließlich die Fundamente innerhalb kürzester Zeit auszuheben. Allerdings forderte die harte körperliche Arbeit ihren Tribut, auch bei uns wie sich später zeigen soll. Einige Gemeindemitglieder haben durch den umherwirbelnden Staub eine Art Grippe, wieder andere sind körperlich völlig erschöpft. Ich habe, zumindest anfangs, schlimme Kreuzschmerzen vom hacken und schaufeln.



Es soll hier nicht unerwähnt bleiben, dass die fleißigen Gemeindemitglieder neben der Arbeit für das Projekt noch ihren täglich Verpflichtungen nachgehen müssen. Mir wird bewusst, dass wir nicht auf Dauer in diesem Tempo weiter arbeiten können.



Mit Cisar, Esau – beides Gemeindemitglieder und Sima erkunde ich einen nahegelegenen Fluss, der weit oben in den Livingstone-Bergen entspringt. Meine Idee ist, eine Wasserleitung vom Fluss bis zum Wasserrückhaltebecken der Begegnungsstätte zu verlegen um die Wasserversorgung ganzjährig zu gewährleisten.



Nach der grandiosen Wanderung entlang des Flussverlaufes, mit einem wunderschönen Sonnenuntergang, muss ich leider feststellen, dass diese meine Idee so nicht umsetzbar ist.

Mehre  Gebirgszüge wären zu überbrücken, was ohne überdimensionierten Aufwand – Material, Geld und Arbeitszeit – so nicht umzusetzen ist. Deshalb beschließe ich, vom tiefer gelegenen See mittels Windrad und entsprechenden Wasserleitungen das Wasser „gedanklich“ 500 Meter aufwärts zur Begegnungsstätte zu fördern. Um eine mögliche Umsetzung zu prüfen, nehme ich mit Niklas und Sima alle nötigen Höhenunterschiede auf. Ich komme zu dem Schluss, dass diese Variante möglich ist, aber bis zu deren Umsetzung noch viel Wasser den Berg hinunter fließt.

Wir genießen unsere Anwesenheit und lernen Mensch und Umgebung immer besser kennen, sodass wir uns schon nach kurzer Zeit wie zu Hause fühlen. Nachdem letztendlich auch noch die Elektrizität im Haus richtig läuft, Filmen und schreiben wir was das Zeug hält. Wie ich vermutet habe, haben die jungen Elektriker gepfuscht. Anfangs haben wir, obwohl tagsüber die Sonne durchgehend scheint, abends nur für wenige Stunden Licht und können nicht mal annähernd unsere Handys aufladen. Wie wir Deutschen ticken, platzt mir dann irgendwann der Kragen. Ich klettere auf das Wellblechdach unseres Gästehauses und richtete das 70 Watt Solarmodul dem Sonnenverlauf entsprechend aus.



Dies zeigte umgehend Wirkung. Wir haben von nun an für die ganze Nacht Licht und können zudem unsere Handys aufladen. Als dann auch noch aus einem Nachbarort, ein erfahrener Elektriker geholt wird und dieser in Zusammenarbeit mit mir alle Stromkreise prüft und richtig angeschlossen hat, können wir, zu unserer aller Begeisterung, sogar noch beide Laptops und unsere sämtlichen Kamera-Akkus innerhalb eines Tages laden. Zuvor mussten wir zum aufzuladen der Geräte fast einen Kilometer, durch die brütende Hitze, zur weiterführende Schule im Ort laufen.



Diesen Elektriker bezahle ich für seine hervorragende Arbeit gerne.

Mit Cisar und Chales – ein weiteres Gemeindemitglied – erforsche ich die nähere Umgebung, ständig auf Suche nach Natursteinen für die Fundamente. Wir entdecken ein Flussbett in dem unzählige Steine angespült wurden und beschließen diese für unser Vorhaben zu nutzen.



Ich bitte die Gemeinde, in den nächsten Wochen und Monaten tausende von Steinen in der näheren Umgebung zu sammeln.

Meine beiden Mitstreiter möchten noch unbedingt eine Safari und einen Strandurlaub auf Sansibar machen bevor sie zurück nach Deutschland fliegen. Nach zwei Wochen die sich für mich wie ein Jahr angefüllt haben, heißt es Abschied nehmen und in Richtung Liuli abzureisen.



Fröhlich und zuversichtlich, aber auch etwas wehmütig verabschieden wir uns von unserer neuen Familie Ndingine.