Grundstück

Besprechung…

Daniel gibt mir Bescheid, dass wir wieder nach Ndingine fahren können.

Er berichtet mir, dass die Grundstücksthematik endlich geklärt ist: Jedes Gemeindemitglied hat 10.000 Shilling bezahlt – insgesamt sind das 600.000 Shilling, umgerechnet etwa 300€ – um das noch benötigte Land zu erwerben. Mit neuem Elan fahren Vinzenz und ich nach Ndingine. Jeder kleine Fortschritt ist für uns ein Riesenerfolg und bringt uns einen kleinen Schritt näher an unser Ziel, das Projekt in Ndingine umzusetzen.

Kaum vorstellbar für westliche Menschen, dass Zeit hier eine ganz andere Bedeutung hat. Auf dem Land leben die Menschen in den Tag hinein. Als „Westler“ muss man sich sehr zurücknehmen, wenn man hier auch irgend etwas in die Praxis umsetzen möchte. Ich muss mich weiterhin in Geduld üben, was mir absolut nicht leicht fällt. Aber mittlerweile bin ich sehr geübt drin und finde immer wieder eine andere sinnvolle Beschäftigung, wenn es einmal in Ndingine nicht weitergeht. Meine Natur ist es eigentlich, eine angefangene Sache schnellstmöglich und effizient in die Tat umzusetzen, aber so laufen die Dinge hier nun mal nicht.

Diesmal gibt es noch einen weiteren Anlass nach Ndingine zufahren: Ein Familienangehöriger der Ndimbo´s ist in Ndingine verstorben. Früh morgens starten wir. Die Autos sind vollbeladen mit Angehörigen und Lebensmitteln, da es in Ndingine außer Fisch und Maniok kaum etwas anderes zu Essen gibt. Bei unserem nächsten Halt in Puulu – Dr. Sam Ndimbo´s Basisgesundheitsstation – werden die Fahrzeuge nochmals beladen, bis sie fast aus allen Nähten platzen. Für Vinzenz und mich nichts Neues mehr. Solange noch irgendwie Platz im Auto ist, wird dieser auch genutzt. Dr. Sam nimmt uns in Empfang, aber er kann leider krankheitsbedingt nicht mit nach Ndingine fahren. Sein Bruder, Dr. Daniel, erhält die letzten Anweisungen von ihm. Auch ich werde über die nächsten Schritte bzgl. unserem Projektes ausgefragt. Nachdem das Autodach mit Kochbananen bepackt ist fahren wir weiter.

In Ndingine werden wir wie immer schon sehnsüchtig erwartet und ich traue meinen Augen kaum: Das komplette Grundstück für das geplante Bauvorhaben ist gerodet. Hand in Hand, laden wir die Autos aus. Die Beerdigungsvorbereitungen sind schon in vollem Gange. Dr. Ndimbo dirigiert alles und wir werden währenddessen mit Tee und Kuchen versorgt. Danach finde ich kurz Zeit für ein „kleines“ Mittagsschläfchen, ehe ich von einigen Gemeindemitglieder abrupt aus dem Schlaf gerissen werde. Zügig geht es in Richtung Baugrundstück und Vinzenz erhält von mir letzte Anweisungen wie er alles zu filmen hat. Ich bin sehr froh und dankbar für seine Hilfe an diesem Tag.



Während ich mit einigen Männer die ersten Aufmaße mache und die Randumfassung abstecke, läuft die Beerdigungszeremonie an. Letztlich bekommen wir davon nichts mit, da wir so beschäftigt  mit dem Abstecken, Aufmessen und Filmen sind. Alles läuft einwandfrei! Ich bin mit den weiteren Fortschritten sehr zufrieden.

Nach dem Mittagessen besichtige ich mit einigen Gemeindemitgliedern die Lehmgrube, welche nur einige hundert Meter entfernt liegt. Lehm – „Udongo“ brauchen wir als Hauptbaustoff für die Stampflehmwände. Diese traditionelle Wandbauweise findet man überall auf der Welt, so auch in Deutschland. Für die Umsetzung benötigen wir lediglich viele fleißige Helfer, um die erdfeuchte Lehmmischung schichtweise in einer Holzschalung durch Stampfen zu verdichten. Durch diese Bautechnik können wir erhebliche Baukosten sparen, da die benötigten Baumaterialien reichlich in der näheren Umgebung vorhanden sind.  Die Verwendung von lokalen, natürlichen Baumaterialien macht es unter anderem zu einer nachhaltigen Bauweise.

Wir stehen am Straßenrand – oder besser gesagt „Wegesrand“ – und mir wird der Lehm gezeigt. Ich nehme eine Handvoll der Masse. Mittels „Handprüfverfahren“, Geruchstest, Beißtest und Reibetest stelle ich die ungefähre Zusammensetzung fest. Es ist ein sandiger bis schluffiger Lehm. Ich bin mit dem Ergebnis zufrieden und nehme mir eine Probe für weitere Tests im meinem Büro mit.



Da Daniel befürchtet dass es bald Regen geben wird, müssen wir am späten Nachmittag wieder nach Liuli aufbrechen. Sollte es wirklich zu Regenschauern kommen, wären wir in Ndingine gefangen, da ein Durchfahren der vielen Flüsse unmöglich werden würde.

Mit dem Mantra „Pole pole“ – langsam langsam – beenden wir einen weiteren erfolgreichen Tag.