Die Gemeinde…
Das Wetter lässt es wieder zu, dass wir erneut nach Ndingine fahren können.
Wie immer ist es eine sehr aufregende und anstrengende Fahrt. Leerfahrten gibt es in diesem Land nicht! Das Auto ist mit Lebensmitteln und Menschen vollgepackt. Diesmal ist geplant, dass ganze Wochenende in Ndingine zu verbringen, ehe Dr. Daniel Ndimbo wieder seinen Verpflichtungen im St. Anne‘s Krankenhaus nachgehen muss.
Wir übernachten bei einem Bekannten der Familie in einem Backsteinhaus welches auf einem kleinen Hügel mit tollem Seeblick liegt. Die Idylle hat jedoch einen kleinen Haken. Es gibt kein fließendes Wasser, sondern nur Regenwasser, welches in der Regenzeit in Tonnen gesammelt wurde. Wie alle Bewohner dieser Region waschen wir uns morgens und abends am 3 km entfernt gelegenen Njassasee.
Der erste Tag, ein Samstag, ist bereits verplant. Im Nachbarort Ngumbo ist ein Bekannter der Familie Ndimbo verstorben. Die Trauerfeier geht über den ganzen Tag!
Sonntags, nach dem Gottesdienst, geht es dann endlich auf die Baustelle. Es ist brütend heiß! Schnell noch die Kamera in Position bringen, bevor es losgeht und ich auf die 20 Gemeindemitglieder treffe. Von jung bis alt sind alle Altersgruppen vertreten. Die Frauen kochen unter einem großen Mangobaum. Sie bereiten zur Feier des Tages gekochte Bananen und Tee zu. Eine sehr einfache Küche, aber dennoch Luxus, da es in dieser Region keine Bananen gibt. Diese hatten wir eigens aus Liuli mitgebracht. Die Menschen leben hier ausschließlich von Fisch und Ugali – Maisbrei. Obst, Gemüse, Reis und Fleisch gibt es nur an Hochzeiten und bei Beerdigungen, Das ist ihr Festessen.
Wir versammeln uns sitzend auf einem großen Baumstamm, um die heutige Vorgehensweise festzulegen. Höhenermittlung des Grundstückes, Ausrichtung des Grundstückes nach der Himmels- und Windrichtung sowie die Gebäudemaße abstecken, stehen heute auf der Agenda.
Wir beginnen mit der Höhenermittlung des Geländes. Die Kamera nebst Stativ, die mir Niklas Doka zur Verfügung gestellt hat, funktioniere ich kurzerhand zu einem Nivelliergerät um, somit kann ich die Höhenunterschiede des Grundstückes ermitteln. Durch den Kamerazoom lese ich die Werte des Maßbandes ab, welches einer der Männer an den vorgesehenen Messpunkten hält. Wir ermitteln einen Höhenunterschied von bis zu 2 Meter. Diese Geländeunterschiede müssen wir im Laufe des Bauprozesses auf einer Fläche von etwa 2.800 m², mit Muskelkraft, einebnen. Um die Männer nicht gleich zu demotivieren, teile ich dem Leiter der Baustelle Polier, – Fundi mit, dass wird dies – nach und nach – mit dem Erdaushub des geplanten Wasserrückhaltebeckens machen werden.
Nachdem das geklärt ist, legen wir die Himmelsrichtungen in Nord-Süd- und Ost-West Richtung, fest. Wir kennzeichnen diese mit Schnüren, die wir eigens hierfür, zusammen mit den Werkzeug in Songea gekauft haben.
Als die Achsen festgelegt sind, beginnen wir damit die Gebäudeumrisse abzustecken. Da der ganze Entwurf auf der „Heiligen Geometrie“ basiert, langt uns eine Schnur und ein Zollstock um alle Maße mittels Zirkelprinzip zu ermitteln. Beim Abstecken werden Abweichungen der Rechtwinkligkeit durch die vorgegebenen geometrischen Formen sofort ersichtlich und erfordern ein erneutes Prüfen der Achsen, bis sie letztendlich stimmen.
Die Kamera verstelle ich immer wieder während des Aufmaßes. So vergeht Stunde um Stunde und das Bangen wird immer größer: Hoffentlich ist die Speicherkarte groß genug, hat die Batterie genügend Saft bis zum Feierabend? Im Ort gibt es weder Strom noch ein Telefonnetz.
Als mich ein alter Mann, Mzee Batazali Haule, höflich mit dem Wort „nimechoka“ – ich bin müde – anspricht, beende ich den Tag völlig erschöpft und zugleich erleichtert mit dem Wort „tayari“ was soviel heißt wie, es ist vollbracht. Die Gemeindemitglieder müssen heim zum Abendessen und um ihren täglichen Verpflichtungen nachzugehen, wie Wasser vom entfernt gelegenen See holen, Felder bewirtschaften, fischen, Feuerholz sammeln, Nutztiere versorgen und so weiter.